Rebecca Harms

Mitglied des Europäischen Parlaments in der Grünen/EFA Fraktion 2004-2019

#eukommission    17 | 09 | 2014
Blog

Die neue EU-Kommission

Jean-Claude Juncker will die Europäische Kommission zu einer echten europäischen Regierung mit ihm an der Spitze umbauen. Das ist gut so: Die EU braucht eine starke und schlagkräftige Kommission. Und mit vielen ehemaligen Premierministern und Ministern aus den Mitgliedsstaaten bekommt die EU-Kommission das politische Gewicht, das sie braucht, um die Europäische Union zusammen zu halten und vorwärts zu bringen.

 

Aber wir können uns über diese Fortschritte kaum freuen. Denn die politische Ausrichtung dieses Kabinetts geht völlig in die falsche Richtung: Mehr noch als die Barroso-Kommission ist dies eine Kommission, die der Wirtschaft und der Industrie dienen wird. Schon allein die Besetzung einiger Schlüsselpositionen macht deutlich: Das ist keine Kommission, die Nachhaltigkeit, Energiewende oder mehr Demokratie im Fokus hat. Hier geht es vor allem um Industrie-Interessen, mehr Austerität und weniger Bürgerbeteiligung.

Drei Konservative stehen dafür: Jonathan Hill (Finanzmarkt), Miguel Arias Canete (Energie und Klimaschutz) und Tibor Navracsics (Bildung, Bürgerrechte und Kultur) – also die vorgeschlagenen Kommissare aus Großbritannien, Spanien und Ungarn.

 

Wenn diese Vorschläge durchkommen, dann haben wir keinen Kommissar mehr für Banken- und Finanzmarktregulierung, sondern einen Lobbyisten für die City of London. Wir haben keinen Kommissar mehr für Klimaschutz, sondern für Öl. Und wir haben keinen Kommissar für Bürgerrechte, sondern für politische Gleichschaltung. Das alles wollen wir Grüne nicht und bereiten uns deshalb auf sehr harte Anhörungen mit den Kommissars-Anwärtern Ende des Monats in Brüssel vor.

 

Jonathan Hill hat Jahrelang als Lobbyist für Quiller Consulting gearbeitet. Er ist ein Geschenk Junckers an den britischen Premierminister David Cameron und eine Provokation für all diejenigen – vor allem auch für meine Kollegen im Europäischen Parlament –, die sich seit dem Ausbruch der Finanzkrise für bessere Regeln auf den Finanzmärkten einsetzen. Mit Hill wird da das Rad garantiert zurück gedreht.

 

Der ehemalige spanische Landwirtschaftsminister Miguel Arias Canete hat in seiner Antrittsrede selbst erklärt, er habe keine Ahnung von Umweltgesetzgebung. Ahnung hat er aber offensichtlich von Öl: Er war bis vor drei Jahren im Verwaltungsrat der Ölfirmen Duclar und Petrologlis. Seine Aktien hat er erst in dieser Woche schleunig verkauft. Und dieser Mann soll nun den europäischen Klimaschutz voran bringen? Das ist eine komplette Fehlbesetzung, Herr Juncker!

 

Folgen Sie dem Rat von zehn Nicht-Regierungsorganisationen, die sich einen Nachhaltigkeitskommissar wünschen. Eine solche Position gepaart mit der Verantwortung für die Klimapolitik wäre eine gute Neuerung in der Kommission.

 

Auch über den ungarischen Kandidaten gibt es wenig Ermutigendes zu sagen: Navracsics war in der Orban-Regierung die treibende Kraft für die Reform der Medienpolitik 2011, bei der kritische Journalisten aus ihren Posten verjagt wurden und der öffentlich-rechtliche Rundfunk zu einem Staats- beziehungsweise Partei-Rundfunk gemacht wurde. Er gehört zu den engsten Beratern von Victor Orban. Es ist eine Beleidigung, dass ausgerechnet dieser Mann in Zukunft darüber entscheiden soll, welche Nichtregierungsorganisationen mit EU-Geldern im Bereich der Bürgerrechte gefördert werden sollen, wenn gleichzeitig in Ungarn mit ungerechtfertigter Härte gegen regierungskritische NGOs vorgegangen wird.

 

Herr Juncker, wenn Sie unsere Zustimmung für Ihre Kommission wollen, dann sollten sie darüber nachdenken, diese drei Positionen neu zu besetzen. Ersetzen Sie diese Männer mit kompetenten Frauen. Das würde Ihrer Kommission in jedem Falle gut tun!


#eukommission   #juncker   #finanzpolitik   #klimapolitik