Rebecca Harms

Mitglied des Europäischen Parlaments in der Grünen/EFA Fraktion 2004-2019

#atom    30 | 04 | 2009
Blog

Die vorletzte Plenarsitzung dieser Legislaturperiode ist vorüber...

Eines der bestimmenden Themen in Straßburg, das leider viele andere wichtige Auseinandersetzungen überlagerte, war der Pensionsfonds, den Mitglieder des Europäischen Parlamentes in den 90er Jahren geschaffen hatten. Obwohl heute kein Abgeordneter mehr unversorgt ist, läuft dieser Extra-Topf für die Rente weiter. Wie wir Grünen dagegen vorgegangen sind, steht unten im Newsletter. Ich verspreche schon jetzt, dass wir in der nächsten Legislaturperiode versuchen werden, diesen skandalösen Fonds auszutrocknen. Außerdem müssen die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden für Millionen Verluste durch Spekulationen: Ein Ausgleich aus öffentlichen Mitteln muss verhindert werden.

Weniger Interesse fand die Abstimmung ums Telekompaket: Der Industrieausschuss hat mit erfreulich großer Mehrheit für eine vernünftige Frequenzpolitik gestimmt, die das große Interesse an öffentlichem Rundfunk bestätigt: Dafür und auch für das "amendment" 138, das den Richtervorbehalt vor Maßnahmen gegen Provider festschreibt. Wir waren damit im Ausschuss nach monatelangem Ringen mit Kommissarin Reding und der tschechischen Ratspräsidentschaft als Grüne sehr erfolgreich.

Weniger gut lief es im Plenum mit dem Energiepaket. Ich habe eine Wette darauf angeboten, dass wir in der nächsten Legislatur erneut die Trennung von Erzeugung und Netz diskutieren werden. Was wir gegen Angela Merkel, Sigmar Gabriel und Nicolas Sarkozy - sie hatten die  Mehrheit gegen das Unbundling im Rat organisiert - verloren haben, ist erforderlich, um fairen Markt zu verwirklichen. Die Kommission konnte nur schlecht verbergen, dass ihr das Ergebnis nicht weit genug geht: Und das Parlament hat schlicht wider besseren Wissens seine ursprünglich sehr starke Mehrheit für die Entflechtung zurückgenommen. Wer wissen will, ob die deutschen Kollegen aus anderen Fraktionen für die Energiekonzerne oder für eine vernünftige und nachhaltige Regulierung gestimmt haben dem empfehle ich den „climate and energy vote tracker“ unserer Klimakampagne.

Die letzte Woche war ja auch die Woche des 23. Jahrestages des GAUs im AKW Tschernobyl.{img |size=L|align=right}

Das Parlament war sich nicht zu Schade, gerade in dieser Woche einer Richtlinie für Nukleare Sicherheit zuzustimmen. Nach Euratom haben wir Europaparlamentarier zwar sowieso nichts zu sagen, aber trotzdem hat eine bedenklich große Mehrheit eine sehr schlechte Regulierung unterstützt. Ich frage mich ernsthaft, ob die Kollegen wirklich glauben was sie sagen über diese neue Richtlinie. Sie versprechen nämlich, dass damit mehr Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger garantiert wird. Mit diesem Versprechen verdrängen sie, dass sie gar keine verbindlichen Standards für alle Atomanlagen gefordert haben. Diese neue Richtlinie wird nicht gelten für alle Anlagen, die heute in Betrieb oder im Bau oder genehmigt sind. Sie gilt auch nicht für Anlagen der Brennstoffherstellung, der Entsorgung, Wiederaufarbeitung oder Behandlung von Atommüll. Sie gilt lediglich für Atomkraftwerke, die nach Inkrafttreten genehmigt werden. Unsere Forderung, auf jeden Fall den Stand von Wissenschaft und Technik zur Grundlage der Regulierung zu machen, ist mit großen Mehrheiten abgelehnt worden. Das Übelste an diesem Coup der Atomlobby und ihrer Statthalter bei Euratom und Kommission ist, dass noch nicht einmal alle Bedingungen des Euratom-Vertrages erfüllt sind. Jeder Mitgliedsstaat könnte gegen die neue Richtlinie klagen. Das vertritt der juristische Dienst des Europäischen Parlamentes, den wir konsultiert hatten.

Wir haben die Tschernobyl-Woche auch noch einmal zum Anlass genommen, gegen das RWE-Engagement in Belene in Bulgarien anzugehen. Alle Bedenken sind mit den Nachrichten eines erneuten Erdbebens in der Region in der Nacht zum Sonntag gerade noch einmal bestätigt worden. RWE Chef Grossmann muss zur Vernunft gebracht werden.

Sehr gut hat mir auch die Idee des Bundesvorstandes zur Ausstellung "Unter den Meilern" gefallen. Die könnte wandern. Wer zur BDK kommt,wird sie sehen.

 

{img |size=001 |align=left} Und aus aktuellem Anlass habe ich in der letzten Woche das zweite Atompixi herausgegeben. Es heißt „endlagerung – und ewig strahlt der atommüll“ und beschäftigt sich mit allen Themen rund um Atommüll, Gorleben, Asse, Konrad und Morsleben. Aber auch das „endspiel um die atomkraft – ohne verlängerung“ ist noch lieferbar. Bis zur Bundestagswahl unbedingt verteilen!

 


Etwas Erfreuliches zum Schluss: Mein Besuch bei Sket und SAM in Magdeburg war toll. In diesen beiden Tochterfirmen des Windkraftunternehmens Enercon kann man besichtigen, wie Umstrukturierung im Maschinenbau funktioniert. Die Mitarbeiter, die uns stolz ihre Hallen und ihre Techniken erklärt haben, kamen optimistisch von der Hannover Messe Industrie. Sie wissen dort, dass sie ihre Erfolge und Perspektiven unserer grünen Politik verdanken.

Atomkraft nein danke! Und Sket soll leben!
Vielleicht sehen wir uns auf meiner Tour.

Rebecca


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