Rebecca Harms

Mitglied des Europäischen Parlaments in der Grünen/EFA Fraktion 2004-2019

#kyivpride    23 | 06 | 2017
Blog

KIEW PRIDE 2017: DIE UKRAINE IST EIN LAND FÜR ALLE

Vom Grünen Parteitag nach Kiew - Nach zwei spannenden Tagen auf unserem Grünen Parteitag in Berlin bin ich nach Kiew geflogen um bei der Kiew Pride dabei sein zu können. Es ist mir nicht ganz leichtgefallen, auf den 3. Tag in Berlin zu verzichten, denn ich fand den Parteitag ermutigend. Es hat mir gefallen, dass den Spitzenkandidaten endlich mal mehr Raum gegeben wurde, das sie reden konnten ohne Rücksicht auf die nervöse Warnleuchte am Pult - das hat Cem Özdemir und Kathrin Göring-Eckardt gut getan. Sie haben aus der Zeit das Beste für uns gemacht. Und es Spaß gemacht, nicht nur den Spitzenkandidaten, sondern auch den Gästen aus vielen Ländern zuzuhören. Ich hatte daher schon das Gefühl etwas zu verpassen, als ich mich auf den Weg nach Kiew machte.

Aber ich hatte in Kiew das Versprechen einzulösen, als Abgeordnete des Europaparlamentes auch zum Schutz wieder dabei zu sein.  Denn so wie in vielen anderen Ländern fordert die Kiew Pride weiter Gegenproteste von illiberalen, orthodoxen, rechten, homophoben Bewegungen heraus. Im vergangenen Jahr fand unter starkem Polizeischutz das erste Mal im Stadtzentrum ein wirklicher Zug statt. Die Tatsache, dass die "neue Polizei" die Pride und damit das Recht geschützt hatte, war ein wichtiges Zeichen für die Veränderungen in der Ukraine. Aber ich erinnere mich auch an die Anspannung, in der wir uns 2016 befanden. Zu Beginn hatte es einige kleinere Zusammenstöße mit den Gegendemonstranten gegeben, die versuchten den Umzug zu verhindern. Sowohl Polizei als auch Demonstranten waren nervös. Der Marsch war kurz. Kaum waren wir losgelaufen, war es auch schon zu Ende. Froh waren wir, dass es das erste Mal geklappt hatte. Trotzdem gingen wir eilig auseinander, stiegen in organisierte Busse oder in die Metro, in der viele Zugänge aus Sicherheitsgründen gesperrt waren.

Im Mai diesen Jahres traf ich den Polizeipräsidenten Andriy Kryshchenko zu Vorbereitunsgesprächen. Er erklärte, dass die Polizei an den Erfahrungen von 2016 anknüpfen wolle. Zwar sei durch den großen Aufwand für die Sicherung des Eurovision Songcontests die Belastung für die Beamten schon groß.  Aber man werde alles daran setzen, dass die Kiew Pride wieder sicher stattfinden könne. Ich bat, auch im Namen der Veranstalter darum, dass doch in diesem Jahr eine etwas längere Route genehmigt werden solle. Auch damit der Aufwand sich etwas mehr auszahle. Und die Polizei hielt Wort.

Die Pride 2017 in Kiew war viel mehr ein Umzug als je. Es waren noch ein paar mehr Leute gekommen, alles war entspannter und bunter. Nicht nur die gut gelaunten LGBT Mütter an der Spitze, sondern auch die Premiere eines Wagens mit Drag Queens sorgten für gute Stimmung. Ich freute mich über die Teilnahme der Botschafter aus Kanada, Großbritannien und Schweden. Super wie immer der treue Block aus München, der Partnerstadt Kiews. Wirklich großartig ist, dass LGBT Aktivisten aus Russland in Kiew mit auf der Straße waren. Und ich konnte mit Svitlana Zalitschuk an der Spitze gehen, einer tollen Politikerin, die ich auf dem Maiden kennen gelernt habe. Sie gehörte zum Kern der Aktivisten in der Revolution der Würde und wurde im Herbst 2014 Abgeordnete in der Rada. Am Ende stimmten wir alle in den Dank an die Polizisten ein: Djakuju Policia – Danke Polizei! Das wurde von Tausenden skandiert.

Klar ist es traurig, dass die Pride auch 2017 nur möglich war mit einem sehr großen Polizeieinsatz. Ich muss zugeben, dass ich immer an die Einsätze zum Schutz der Atomtransporte nach Gorleben denken muss, wenn ich die Polizisten dicht an dicht mit der Hand auf der Schulter des Vordermanns neben dem Zug laufen sehe. Manchmal in Doppelreihe. Aber es ist gut, dass der Staat die Rechte aller seiner Bürger schützt. Ein Wehrmutstropfen auch, dass trotz der vielen Vorkehrungen zum Schutz der Teilnehmer nach dem Ende der Pride wieder einzelne Leute angegriffen und verletzt worden sind.

Das Motto der Pride war: Ukraine is a country for all. Dafür ist noch einiges zu tun.  Zum Trost und zur Ermutigung sage ich meinen Freunden in Kiew nach der Pride nun wieder: In den Ländern Europas, in denen die LGBT Rechte heute besser sind, hat das auch lange gedauert. Aber ich bin mir sicher, dass das aufgeholt werden wird. Schließlich war es auch in Deutschland nicht üblich, dass sich Vizekanzler in einer Pressemitteilung zur Pride bekennen. So wie es Ivana Klympush Zinzatze auch in diesem Jahr als stellvertretende Ministerpräsidentin getan hat.

Ich schreibe diese Zeilen schon wieder auf dem Weg von Brüssel nach Kiew. Für mich ist klar, dass die Anstrengungen für gleiche Rechte Teil unseres Einsatzes für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in der Ukraine sind. Zusammen mit einigen Freunden der Ukraine sind wir deshalb als nächstes in Kiew um einerseits über Probleme bei der Korruptionsbekämpfung zu reden. Andererseits steht auch die Bewertung der Minsker Abkommen auf unserem Plan.

FOTO: MunichKievQueer    


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