Rebecca Harms

Mitglied des Europäischen Parlaments in der Grünen/EFA Fraktion 2004-2019

#störfall    23 | 07 | 2008

Uranbelastung des Wassers in Tricastin, Frankreich

Anfrage vom 23.Juli 2008:

 

In der Nacht zum 8. Juli 2008 ist am Atomstandort Tricastin in Südfrankreich eine mit etwa 74 Kilogramm Uran belastete Lösung ausgelaufen. In der Nachbarschaft der Anlage ist die Wasserentnahme auch 10 Tage später weiterhin verboten. Das staatliche „Institut für Strahlenschutz und Atomsicherheit“ (IRSN) hat bei Wasserproben ungewöhnlich hohe Uranwerte festgestellt. Der IRSN-Vertreter Jean-Christophe Gariel sagte „Le Monde“, die Uranbelastung im Trinkwasser sei vermutlich auf einen länger zurückliegenden Störfall zurückzuführen. Umweltschützer kritisieren außerdem seit Langem, dass der staatliche Atomkonzern Areva nie seiner Verpflichtung nachgekommen ist, Uranrestbestände aus der militärischen Urananreicherung sicher einzulagern.

 

1. Welche Informationen liegen der Kommission zur aktuellen Situation in Tricastin vor?

 

2. Welche Informationen hat die Kommission bezüglich der Belastung des Trinkwassers in der Gegend von Tricastin vor dem Störfall vom 8. Juli 2008?

 

3. Welche Schritte werden vonseiten der Kommission eingeleitet, um sicherzustellen, dass die Uranrest­bestände sicher eingelagert werden und eine weitere Uranbelastung des Trinkwassers verhindert wird?

 

4. Gibt es Schritte gegen den Atomkonzern Areva wegen Unterlassung der sicheren Lagerung des radioaktiven Materials?

 

5. Gedenkt die Kommission, den Standort Tricastin nach Art. 35 Euratom-Vertrag zu inspizieren? Wenn nein, warum nicht?

 

6. Wie beurteilt die Kommission die Entscheidung, das Grundwasser an allen französischen Reaktor­standorten prüfen zu lassen?

 

Antwort von Herrn Piebalg im Namen der Europäischen Kommission:

 

Die Kommission verweist auf ihre Anwort der schriftlichen Anfrage E-4198/08 [1] der Frau Abgeordneten.

 

1. Die Kommission verfügt über die auf den Webseiten der französischen Regulierungsbehörde und des IRSN (Institut für Strahlenschutz und Atomsicherheit) veröffentlichten, offiziellen Informationen zur momentanen Situation in Tricastin [2].

 

2. Das IRSN informierte in seiner Mitteilung vom 11. Juli 2008, dass die Messungen für alle Grundwasserproben an unterschiedlichen Orten, mit Ausnahme dreier Entnahmeorte (AEP4, PP4 und PP5), den gewöhnlich im Grundwasser in Tricastin gemessenen Werten entsprachen. Das IRSN erklärte, dass die gemessenen Werte an diesen drei Orten (AEP4: 60-70 µg/l und PP4,PP5 zwischen 11 und 15 µg/l) nicht von dem Vorfall am 7./8. Juli stammen können und daher andere Ursachen vorliegen müssen.

 

3. Die Messergebnisse für den Grad der Radioaktivität in der Umwelt werden regelmäßig vom IRSN auf seiner Webseite veröffentlicht. Die Kommission verfolgt diese Ergebnisse genau.

 

4. In Bezug auf die Vorwürfe, Areva habe Uranrückstände aus der militärischen Urananreichung nicht sicher gelagert, worauf die Frau Abgeordnete auch in der Einleitung zu ihrer Anfrage eingeht, möchte die Kommission darauf verweisen, dass, entgegen dem Standpunkt der Kommission der Gerichtshof entschied, dass die Nutzung der Kernenergie zu militärischen Zwecken vom Anwendungsbereich der Bestimmungen des Euratom-Vertrags und des davon abgeleiteten Rechts ausgenommen ist [3].

 

5. Vom 26. bis zum 30. Mai 2008 führte die Kommission eine Prüfung gemäß Artikel 35 des EURATOM-Vertrags in Tricastin durch, einschließlich der Umweltüberwachung radioaktiver Emissionen aus dem Werk EURODIF [Emissionen des EURODIF-Werks werden (sofern erforderlich) vor ihrer Freisetzung einer Behandlung durch Socatri unterzogen]. Ein technischer Bericht über diese Prüfung ist in Vorbereitung.

 

6. Die Entscheidung, das Grundwasser an den Standorten aller französischer Kernkraftwerke zu prüfen, entspricht den Verpflichtungen der Mitgliedstaaten gemäß Artikel 35 des Euratom-Vertrags. 

 

[1]     http://www.europarl.europa.eu/QP-WEB

[2]     http://www.asn.fr/

  http://www.irsn.fr/

[3]     Rechtssache 65/04, Urteil vom 9. März 2006, Kommission gegen das Vereinigte Königreich; C-61/03, Urteil vom 12. April 2005, Kommission gegen das Vereinigte Königreich.

 


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