Rebecca Harms

Mitglied des Europäischen Parlaments in der Grünen/EFA Fraktion 2004-2019

#syrien    07 | 10 | 2016
Blog

Wir dürfen dieser Vernichtung nicht länger nur zusehen.



Die Hölle auf Erden - das hat man über Stalingrad gesagt, über Dresden, über Vietnam, Grosny und jetzt über Aleppo. Die Hölle aus der es für Zigtausende kein Entrinnen gibt. Die Hölle, in der Assad und Putin Zivilisten und ihre Helfer, Krankenhäuser und zivile Infrastruktur in einer nicht abreißenden Serie von Kriegsverbrechen gerade ausradieren. Einen Ort dem Erdboden gleichmachen, das ist es, was wir sehen. Tag für Tag in aller Härte.

Was wir fühlen ist nicht nur Ohnmacht. In mir ist auch eine verzweifelte Wut darüber gewachsen, dass wir nicht getäuscht wurden, sondern dass wir uns mit vollem Bewusstsein täuschen lassen wollten. Wir wollten glauben, dass es möglich wäre mit Putin einen Weg aus der Eskalation, zu Waffenstillstand und Friedensverhandlungen zu gehen.

Aleppo - der Name dieser Stadt muss für das Ende dieser Selbsttäuschung stehen. Aleppo steht für ein Serienkriegsverbrechen, für einen Vernichtungskrieg, der von Assad und Putin geführt wird. Es muss jetzt darum gehen, das anzuhalten. Es muss darum gehen Vladimir Putin in Moskau klar zu  machen, dass jede Rückkehr zu normalen Beziehungen undenkbar wird mit dieser brutalen Machtpolitik. Der Forderungskatalog, den die russische Seite nun auf dem Höhepunkt der von Russland getragenen Eskalation vorgelegt hat, muss  zurückgewiesen werden. Denn Die Aufkündigung der Plutonium Beseitigung darin untermauert die russische Bereitschaft zur Eskalation.  Die Europäische Union darf sich nicht ansatzweise auf eine  Logik einlassen, in der die  Ukraine und Aleppo verrechnet werden. Die EU oder die USA dürfen keinen Gedanken an Kompensationen für Russland verschwenden. Wenn sich eine solche Idee durchsetzen sollte, dann würde jeder Aggressor belohnt und ermutigt.

Aleppo bedeutet, dass wir nicht weniger Sanktionen sondern ein klares Bekenntnis zu Sanktionen und die Bereitschaft zu deren Ausweitung brauchen.  Die EU muss ihr großes wirtschaftliches Gewicht endlich strategisch einsetzen. Der Stopp der Northstream II Pipeline ist dabei ein zentraler Schritt. Unsere Energieimporte aus Russland befeuern den Krieg in Syrien. Die Einnahmen aus den Exporten dienen längst nicht mehr der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung in Russland. Deutschland und andere finanzieren Bomben und Raketen. Die Einnahmen aus den Energiegeschäften dienen Putin  dazu die Zeit zurückzudrehen und die Rüstungsspirale neu in Gang zu setzen. Ich bin mir immer sicherer, dass Diplomatie gegen Putins Kriege nur greift, wenn wir bereit sind uns diese Diplomatie etwas kosten zu lassen.

Gerade weil der Vizekanzler der Bundesrepublik, Sigmar Gabriel während der Eskalation in Aleppo nicht nur in Moskau sondern auch in Teheran auf business as usual Tour war: Auch der Führung im Iran muss klar gemacht werden, dass die gewünschte Normalisierung nach dem Nuklearabkommen nicht kommt, wenn die Regierung auf ihrem Kurs in Syrien bleibt. Auch gegenüber dem Iran, gegenüber den Saudis und der Türkei muss die EU Bereitschaft zeigen, ihr wirtschaftliches Gewicht einzusetzen. 

In Syrien und allen anderen Konflikten und Kriegen seit dem arabischen Frühling haben sich weder die EU noch die USA besonders verdient gemacht. Aber trotz aller Fragen zu allem, was sonst noch falsch gemacht wurde und wird, muss jetzt zuerst alles versucht werden, um den gnadenlosen Krieg gegen die Menschen in Aleppo und anderen syrischen Städten zu beenden.

Es gibt sie immer wieder diese Momente in denen wir aufschrecken und erkennen, dass etwas nicht länger so hingenommen werden kann. Momente in denen Bilder und Berichte die Abstumpfung angesichts andauernder Verheeerungen durchdringen. Die Bilder und Berichte aus Aleppo und anderen Orten Syriens sind von dieser Art. Wir dürfen dieser Vernichtung nicht länger nur zusehen.
 



Foto: https://www.flickr.com/photos/syriafreedom/8211986232  

#syrien   #europa   #russland