Rebecca Harms

Mitglied des Europäischen Parlaments in der Grünen/EFA Fraktion 2004-2019

#fukushima    10 | 03 | 2017
Blog

Sechs Jahre Fukushima Katastrophe

Dieser Tage denke ich oft zurück an meine Reise nach Japan und in die Region Fukushima, die ich Anfang 2012 gemacht habe, nur ein knappes Jahr nach der Katastrophe. (>hier) Es ist nicht nur der Jahrestag, der mich an meine Erfahrungen dort erinnert. Es ist auch die Tatsache, dass die japanische Regierung Ende des Monats die Evakuierungsempfehlung für Iitate aufheben wird. Iitate liegt zwar außerhalb der 30 Kilometer Evakuierungszone um das zerstörte Atomkraftwerk. Allerdings hatte der Wind in den Tagen der Katastrophe in Richtung des Dorfes geweht. In Iitate wurden deshalb sehr hohe Strahlungswerte gemessen. Später wurde das Dorf insgesamt evakuiert. 

Auf meiner Reise traf ich damals Kenichi Hasegawa, den Chief eines Distrikts in der Iitate Region, in einem Evakuierungszentrum, in dem sich zu dem Zeitpunkt ein Drittel der Bewohner von Iitate aufhielten. Er beschrieb die dramatische Zeit nach der Katastrophe und vor der Evakuierung, in der er, nachdem er von den hohen Strahlenwerten in seiner Heimat erfuhr, für die Evakuierung der Region kämpfte. Er selber war, wie viele seiner Nachbarn und Freunde Milchbauer. Sie mussten wegen hoher Strahlenbelastung die Milchproduktion einstellen und ihre Kühe schlachten lassen. Einer von Hasegawas Freunden nahm sich aus Verzweiflung das Leben.

Am Ende unseres Treffens im Jahr 2012 erklärte Hasegawa, der trotz der Tragödie nicht resigniert wirkte, sondern seinen Kampf gegen die Nutzung von Atomkraft aufgenommen hatte, dass er nicht an eine gute Zukunft für sein Dorf glaube. Seine Erklärung erschüttert mich wann immer ich daran zurückdenke. "Wenn sein Land ihm sagt: 'geh zurück ', dann geht er wohl zurück. Aber seine vier Enkelkinder werden nicht mit ihm gehen. Wenn er geht, dann geht er allein. Wenn er in seinem Dorf sterben wird, dann wird das Dorf mit ihm sterben, sagt  er."  (Rebecca Harms, Ein Tag in Fukushima, eine Woche in Japan. Reisenotizen, verlag die brotsuppe, 2012, S.58 )

Ich frage mich, was er jetzt wohl macht und was er wohl vorfindet, wenn er tatsächlich zurückkehrt. Zwar wurden aufwändige Dekontaminierungsmaßnahmen in den Siedlungen unternommen, doch Greenpeace International hat vor kurzem eine Studie veröffentlicht, die zeigt, dass die Radioaktivität in Iitate noch immer zu hoch ist, um die Rückkehr als unbedenklich zu  erklären. In den Wäldern, die bis zur Evakuierung eine wichtige Rolle im Leben der Landbevölkerung vor Ort spielten, sind die Strahlenmessungen heute so hoch, wie in der Evakuierungszone um Tschernobyl. Diese Gegend ist aber auch heute noch unbewohnbar - 30 Jahre nach der Katastrophe.


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