Rebecca Harms

Mitglied des Europäischen Parlaments in der Grünen/EFA Fraktion 2004-2019

#ukraine    31 | 01 | 2014
Pressemitteilung

Rebecca Harms lanciert Appell zur Unterstützung der Ukraine

Die Fraktionsvorsitzende der Grünen/EFA im Europäischen Parlament, Rebecca Harms, hat heute nach ihrer Rückkehr von einem mehrtägigen Aufenthalt mit der offiziellen Delegation des Europäischen Parlaments in der Ukraine einen Appell veröffentlicht. In dem Aufruf fordert Harms unter anderem eine ständige Beobachtermission des Europäischen Parlaments in der Ukraine. Am kommenden Mittwoch wird im Europäischen Parlament in Straßburg eine Debatte zur Situation in der Ukraine abgehalten werden, die entsprechende Resolution soll am Donnerstag abgestimmt werden.

 

Hier der Appell im Wortlaut:


Die Ukraine braucht jetzt unsere ganze Aufmerksamkeit und unsere Unterstützung!


In der Ukraine, in Kiew und in immer mehr anderen Städten im Osten und im Westen des Landes gehen die Bürgerinnen und Bürger weiter für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte auf die Straße. Sie lassen sich nicht einschüchtern von Bedrohung, Verhaftung, Entführung und sogar Tötung einzelner Bürger. Die Euromaidan-Bewegung ist sogar gewachsen. Versuche, einen Kompromiss zwischen dem Präsidenten, der Opposition und der Bürgerrechtsbewegung zu finden, sind bisher nicht gut vorangekommen. Die Befürchtung, dass der Ausnahmezustand erklärt wird, wird seit gestern wieder lauter. Es muss alles daran gesetzt werden, das zu verhindern.

 

1. Nicht wegschauen bis zur nächsten Eskalation - jetzt Präsenz zeigen!

Es ist wichtig, in Kiew und an anderen Orten mit Abgeordneten aus der Europäischen Union präsent zu sein. Besuche in Kiew, Gespräche mit allen Kollegen und Kolleginnen des ukrainischen Parlamentes, mit den Sprechern des Euromaidan, mit den Kirchen und anderen Vertretern der Zivilgesellschaft sind dringend. Die Besuche helfen nicht nur, auch im Westen der EU die Lage, die Politik und die Menschen in der Ukraine besser zu verstehen. Anwesenheit und Gespräche mit allen dienen der Idee des Dialogs und können das Land vielleicht auch vor mehr Gewalt schützen.

Das Europäische Parlament muss jetzt eine permanente Beobachtungsmission starten. Nationale Abgeordnete sollten sich daran beteiligen.

 

2. Ein Ende der Menschenrechtsverletzungen durch Entführung, Folter und Verhaftungen einfordern

Berichte über Menschenrechtsverletzungen häufen sich. Entführung, Gewalt und Folter gegen Sprecher oder Aktive der Bürgerrechtsbewegung wurden täglich mehr. Auch Journalisten, die über den Euromaidan berichten oder regierungskritische Berichterstattung wagen, werden verfolgt, bedroht und zusammengeschlagen. Viele Bürgerrechtler und Anhänger des Euromaidan sitzen inzwischen im Gefängnis oder werden vermisst. Amnesty international hat dagegen protestiert.

Gerade nach der Rücknahme der Gesetze vom 16.1. durch eine große Mehrheit der Verkhovna Rada müssen alle politischen Gefangenen bedingungslos freigelassen werden. Alle Verbrechen gegen die Menschlichkeit müssen aufgeklärt werden.

 

3. Humanitäre Hilfe gewährleisten

Verletzte und Kranke der Euromaidan-Bewegung können nicht zuverlässig medizinisch versorgt werden. Ärzte und Sanitäter werden bedroht. Verletzte werden aus Krankenhäusern entführt oder dort verhaftet. Manche 'verschwinden'. Die Weltgesundheitsorganisation der UN darf das nicht tolerieren. Auch das Internationale Rote Kreuz muss sich sofort für die Kolleginnen und Kollegen in der Ukraine einsetzen.

Das Recht auf medizinische Versorgung und Hilfe für alle Opfer von Gewalt und Krankheit muss sofort wieder respektiert werden!

 

4. Die einseitige neue finanzielle Abhängigkeit von Russland beenden

Nachdem Präsident Putin seine nächsten Zahlungen eingefroren hat, solange er nicht weiß, wer das Land weiter regiert, sollten EU und USA aufhören, nur zu reden. Es ist auch eine Chance, wieder glaubwürdig zu werden. Eine Eskalation und der Bankrott im größten Land unserer östlichen Partnerschaft gefährdet die Sicherheit und Stabilität des Kontinentes.

EU und IWF müssen mit eigenen Zahlungen den Ausfall der russischen Zahlungen ausgleichen und einen Bankrott verhindern.

 

5. Geldwäsche und Steuerflucht bekämpfen

Diese Forderung ist nicht neu für und in der Europäischen Union. In der Ukraine zeigt sich erneut, welcher Schaden einer Volkswirtschaft durch Intransparenz des Finanzsektors, fehlende Vergaberegeln bei öffentlichen Aufträgen und durch Geldwäsche entsteht.

Wir fordern, sofort auch in Bezug auf ukrainische Unternehmen und Geschäftsleute systematisch vorzugehen.

 

6. Sofortige Verbesserung der Reisemöglichkeiten für die Bürgerinnen und Bürger der Ukraine in die EU

Seit 10 Jahren führen wir eine Auseinandersetzung um ein schwieriges und teures Visaregime. Angesichts der Lage halten wir es für richtig, sofort ein befristetes, sehr einfaches und billiges Visaverfahren einzuführen. All diejenigen, die sich in große Gefahr bringen, um sich für globale Werte und Rechte einzusetzen, dürfen von der EU nicht quasi ausgesperrt werden.

Nicht nur in EU-Botschaften, sondern an möglichst vielen Orten der Ukraine, z.B. in den vielen polnischen Konsulaten, müssen zunächst für die nächsten 6 Monate einfach Visa erteilt werden können.

Abgeordnete aus verschiedenen Parlamenten müssen nach besten Möglichkeiten versuchen, dazu beizutragen, den Willen nach Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu verwirklichen. Vom Europäischen Rat, Kommissionspräsident Barroso und Catherine Ashton muss eine einheitliche Strategie verfolgt werden. Und ich erwarte, dass erkannt wird, dass die Zukunft der Ukraine nicht ein Plan ist, der von Moskau und Brüssel entworfen wird. Die Zukunft der Ukraine muss und wird von den Ukrainern bestimmt werden. Dafür erwarten sie die Unterstützung der Europäischen Union.

 

Rebecca Harms ist Fraktionsvorsitzende der Grünen im Europäischen Parlament und seit 2004 Mitglied der EU-Ukraine Delegation


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