Rebecca Harms

Mitglied des Europäischen Parlaments in der Grünen/EFA Fraktion 2004-2019

#dieselgate    08 | 06 | 2016
Blog

Den Abgasskandal nicht umschreiben


In dieser Woche tagte in Luxemburg der Verkehrsministerrat. Die Ergebnisse der nationalen Untersuchungen zum Dieselskandal sollten hier diskutiert werden.

Alexander Dobrindt hatte einen Vorschlag zur Änderung der Euro5/Euro6-Regulierung im Gepäck, die Höchstgrenzen für den Schadstoffausstoß von Autos festlegt und die Anwendung von Abschaltmechanismen für die Abgasreinigung verbietet. Seiner Meinung nach bedürfe es bei der Formulierung des Verbots von Abschaltmechanismen eine Präzisierung, da die Ausnahme zum Verbot (zum Schutz des Motors) nicht klar genug definiert sei. Mit harten Worten argumentierte er, dass es nicht angehen könne, dass Automobilhersteller alte Technologie oder minderwertige Materialien verbauten und dann Gebrauch von der Ausnahme machten. Deshalb sei es notwendig einzufügen, dass die Abschaltung nur erlaubt sei, wenn neueste Technologie verwendet wird und dennoch der Motorschutz notwendig sei.

Sein eigentliches Ziel war aber ein anderes. Denn wenn nun beschlossen würde, dass eine Präzisierung notwendig ist, um das Verbot umsetzen zu können, wird damit der Emissionsbetrug der Autohersteller der vergangenen neun Jahre legitimiert. Die Behauptung, dass eine Abschaltung der Abgasreinigung beispielsweise bei Temperaturen unter 17 Grad in der aktuellen Gesetzeslage nicht klar ausgeschlossen sei würde damit bestätigt.

Ganz nebenbei würde damit aber auch das Versagen seiner eigenen Behörde bei der Kontrolle der Emissionsgrenzwerte unter den Teppich gekehrt. Denn Schuld wäre allein der europäische Gesetzgeber, der angeblich Schlupflöcher zugelassen hat. Doch diese riesengroßen Schlupflöcher, die erlauben, dass Grenzwerte in der Regel um ein Vielfaches überschritten werden, gibt es gar nicht. Zu dem Ergebnis kam beispielsweise der Anwalt Remo Klinger im DUH Rechtsgutachten.

Glücklicherweise ging die Industriekommissarin Bienkowska dieser scheinheiligen deutschen Strategie nicht auf den Leim. Sie machte deutlich, dass die breite Anwendung von Abschaltvorrichtungen keinesfalls auf ein Problem in der Gesetzgebung zurückgeht. Es handelt sich vielmehr um ein Problem in der Durchsetzung des Verbots in den Mitgliedsstaaten. Sie wies auch darauf hin, dass bei der Kommission in den letzten neun Jahren keine Hinweise darauf eingegangen seien, dass die nationalen Behörden unzufrieden mit der Formulierung des Gesetzes seien.

In dieser Woche ist es dem deutschen Verkehrsminister nicht gelungen die Geschichte des Abgasskandals umzuschreiben. Umso deutlicher das Ausmaß des Abgasskandals wird, der die gesamte Automobilindustrie erfasst, umso wichtiger wird es auch, dass der europäische Untersuchungsausschuss diesem Behördenversagen auf den Grund geht. Dobrindts Versuch, die Schuld für den Betrug auf Brüsseler Gesetzgeber abzuwälzen, ist ein neues peinliches Beispiel für die Kurzsichtigkeit deutscher Verkehrspolitik.

Nächste Anhörungen im EMIS Untersuchungsausschuss:

16. Juni: Dorothee Saar, Leiterin der Abteilung Transport und Luftqualität, Deutsche Umwelthilfe(DUH), Pascoe Sabido and Mr Olivier Hoedeman, Corporate Europe Observatory (CEO, Lobbying NGO), Prof. Dr-Ing. Kai Borgeest, Zentrum für Kfz-Elektronik und Verbrennungsmotoren, Hochschule Aschaffenburg, Daniel Lange, CEO, Faster IT

21. Juni: Christof Gauss, Leiter Fahrzeugtests, Allgemeiner Deutscher Automobil-Club (ADAC), Nick Molden, Founder and CEO, Emissions Analytics

22. Juni: Aussprache zum Interimsbericht und Anhörung von Vertretern der Typenzulassungsexpertengruppe der EU-Kommission

 

#dieselgate   #dobrindt   #emissionen   #emis